9. August 2006

Die Reform der Reform

Am 1. August konnten Herr und Frau Schweizer entweder den Nationalfeiertag oder aber das 10-jährige Jubiläum der Rechtschreibreform feiern – ganz nach persönlichen Vorlieben.
Es bleibt wohl ein Geheimnis, wie viele Raketen zu Ehren der neuen Rechtschreibung in den Himmel geschossen wurden. Vielleicht wurden sogar ein paar Exemplare des Dudens an eine Rakete gebunden und in den Himmel geschossen. Sicher ist nur, dass der grösste sprachliche Reformschaden korrigiert wurde.

Zurück in die Zukunft
Zum Beispiel dürfen Einzelbuchstaben von Wörtern nicht mehr abgetrennt werden (E-sel; O-ber); das Minimum einer abgetrennten Silbe liegt wieder bei zwei Buchstaben. Die einsamen Einzelbuchstaben sind bestimmt e-norm dankbar. Ob dieser Rückschritt an einem Julia-bend beschlossen wurde?
Ebenfalls weitgehend eliminiert wurden die absurden neuen Regeln der Getrennt- und Zusammenschreibung. Ganz nach dem Motto «regeln statt denken» fegte die Reform damals Bedeutungsunterschiede wie «etwas schlecht machen» und «etwas schlechtmachen» kurzerhand aus der deutschen Sprache. Plötzlich durfte man alles nur noch «schlecht machen» – kein Wunder wollten alle die Reform schlechtreden, selbst jene, die keineswegs schlecht reden.

Plädoyer für das Französische

Bild: www.duden.de.
Leider wurden unsensible Zwangseinbürgerungen von Fremdwörtern nicht verworfen. Es wird auch in Zukunft richtig sein, wenn jemand Unwörter wie «Schikoree» oder «Majonäse» zu Papier bringt. Immerhin empfiehlt der neuste Duden (24. Auflage, 2006) wieder die originalen Schreibweisen.
Solch grausige Schreibweisen können den französischkundigen Schweizern nichts anhaben? Der Schock sass tief als ich vor rund einem Jahr in einem Laden einer grossen Schweizer Warenhauskette ein Schild mit der Aufschrift «Portmonee» erblickte. Die innerliche Befriedigung ist aber noch grösser seit besagtes Schild wieder mit «Portemonnaie» beschriftet ist.
Es mag stur sein, aber derartige Schreibweisen haben in einem Land mit 20% frankophonen Einwohnern nichts zu suchen! Wenn Wörter schon eingedeutscht werden, dann bitte mit etwas mehr Feingefühl. Das im Titel stehende «Plädoyer» wurde zum Glück schon im 18. Jahrhundert eingedeutscht (franz. «plaidoyer») – sonst hätte die Reform vermutlich «Plädöier» daraus gemacht!

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